Die Geschichte der Kleinbahn Groß Peterwitz-Katscher


Diese Kleinbahn war die erste normalspurige Kleinbahn Schlesiens und wurde am 28. April 1896 in Betrieb genommen. Sie wurde von der 1893 gegründeten Allgemeinen Deutschen Kleinbahngesellschaft AG in Berlin gebaut, die im Jahre 1923 in Allgemeine Deutsche Eisenbahn-AG umbenannt wurde.Diese Gesellschaft ging im Rahmen von Fusionsmaßnahmen im März 1927 in der AG für Verkehrswesen (AGV) auf, die damit zum größten Betriebsunternehmen für private Kleinbahnen aufstieg. Im Rahmen einer Ende der Zwanzigerjahre vorgenommen Umgruppierung der einzelnen Gesellschaften ergaben sich fünf Betriebsführungsgesellschaften, darunter die Vereinigte Kleinbahn AG Frankfurt/Main, mit neun Privatbahnen unter anderem die Kleinbahn Groß Peterwitz-Katscher, 8.66 km. Das ab 3.Juli 1944 gültige letzte Kursbuch der Reichsbahn nennt als Betriebsführer die Allgemeine Deutsche Eisenbahnbetriebsgesellschaft m. b. H. in Berlin-Wilmersdorf, als Eigentümer die Vereinigte Kleinbahn AG, Frankfurt/M. Stationen: Groß Peterwitz km 0, Ratsch km 5.45, Katscher km 8.66.
Im Jahre 1902 besaß die Bahn zwei Tenderlokomotiven, fünf Personenwagen, zwei Packwagen mit Postabteil und 18 Güterwagen. Für das Jahr 1907 werden zwei Tenderlokomotiven, zwei Personenwagen, ein Packwagen mit Postabteil und 15 Güterwagen, während im Jahre 1935 der Verkehr mit drei Tenderlokomotiven, drei Personenwagen, ein Packwagen mit Postabteil und 16 Güterwagen bewältigt wurde. 1905 beschäftigte die Bahn sieben Angestellte und fünf Arbeiter. Im Jahre 1935 betrug der Personalbestand 17 Köpfe. An Beförderungsleitungen werden vermerkt: 1905 110929 Personen = 220 Personen täglich und 64743 to Günter = 216 to werktäglich, im Jahre 1935 41144 Personen = 112 Personen täglich und 61991 to Güter = 207 to werktäglich. Während also der Güterverkehr annähernd auf gleicher Höhe blieb, hatte die Personenbeförderung rapide nachgelassen.
1905 verwaltete die Bahn ein Anlagekapital von 683766 Goldmark, dass sich mit 6,12% verzinste, im Jahre 1911 verzinste es sich sogar mit 8,62 %. Die örtliche Betriebsleitung war in Katscher. In Groß Peterwitz bestand Anschluss an die Deutsche Reichsbahn, die auch dort den Dienst für die Kleinbahn mitbesorgte.
Die ersten beiden Maschinen waren zweigekuppelte Nassdampflokomotiven, die drei mit Namen versehenen Lokomotiven waren dreigekuppelte Nassdampfmaschinen. Letztere drei wurden von der Reisengebirgsbahn nach deren Elektrifizierung übernommen. Der Name der vierten Lokomotive wird verschieden wiedergegeben "Prinz Hans-Georg" und auch "Prinz Handjong". Der bekannte Eisenbahnschriftsteller Paul Dost vermutet, dass Prinz Handjery gemeint ist. Letzterer war Landrat des Kreises Teltow, spielte bereits beim Bau der Militäreisenbahn bei Berlin eine führende Rolle und gehörte wahrscheinlich seinerzeit zum Gründungsausschuss der Reisengebirgsbahn.
Über den Verbleib der Lokomotiven, soweit sie nicht schon vor 1945 ausgemustert wurden, ist nichts bekannt. Da sie weder im Lokomotivverzeichnis der Deutschen Bundesbahn, noch in dem der Deutschen Reichsbahn erscheinen, dürften sie 1945 bei der Bahn verblieben sein. In der Zwischenzeit dürften sie wohl schon ausgemustert und verschrottet worden sein.
Laut Sommerfahrplan 1911 und 1914 verkehrten sieben Zugpaare täglich, laut Winterfahrplan 1929/30 fünf Zugpaare täglich. Der Sommerfahrplan 1939 verzeichnet neun Zugpaare täglich, der Sommerfahrplan 1944 sieben Zugpaare täglich. Die Züge benötigten für die 8.66 km lange Strecke 20 Minuten, bzw. 21 Minuten. Nach 1945 wurde die Kleinbahn wie alle Kleinbahnen Schlesiens vor der Polnischen Staatseisenbahn übernommen. Laut polnischem Kursbuch 1971/72 verkehren sieben Zugpaare täglich, davon ein Zugpaar bis bzw. von Ratibor ohne Umsteigen in Groß Peterwitz.
Zum Schluss bleibt dem Chronisten noch zu berichten, dass laut polnischem Kursbuch der Schienenverkehr auf der am 25. Sept. 1873 eröffneten Strecke Leobschütz-Jägerndorf im vergangenen Jahr eingestellt wurde.

Dr. G. C (Dr. Günter Ciupek)

Quelle "Der Oberschlesier" April 1971